1. Delmenhorster Brauereigewerbe im Jahre 1839 nach [77]
Name | Gewerbe | Straße |
Brand, Bernhard Wilhelm, Wittwe | Bäcker, Brauer, Branntweinbrenner und Krämer | Langestraße 27* |
Meyer, Heinrich Friedrich | Bäcker, Brauer, Branntweinbrenner und Krämer | Langestraße 28* |
Hermann Mühlenbrok | Kaufmann und Brauer | Langestraße 56* |
Franz Heinrich Wöhrmann | Brauer | Langestraße 67* |
* nicht mit heutigen Hausnummern identisch Bemerkung: Alle vier Brauer führten an der jeweils angegebenen Adresse eine Gast- und Schenkwirtschaft! In heutigen Ortsteil Hasbergen ist für 1839 kein Brauer verzeichnet. |
2. Delmenhorster Brauereien um 1850
Im April 1859 berichtete das Delmenhorster Kreisblatt, daß Died. E. Walter aus dem Stadtgebiet seine Brauerei mit vollständigen Gerätschaften nebst Grundstück verkaufen will [35]. Weitere Informationen liegen nicht vor.
Christian Hermann Schmidt soll in der Langen Straße um 1850 eine Brauerei betrieben haben [54]. Weitere Informationen liegen nicht vor.
3. Delmenhorster Brauereien jüngeren Datums
3.1. Brauerei im heutigen Stadtteil Bungerhof
Die über 100 Jahre alte Postkarte zeigt verschiedene Ansichten von Delmenhorst, u.a. eine Abbildung der Dampfbrauerei zum Bungerhof.
1851 gründete der aus einer Korkschneiderfamilie stammende Christian Hinrich Cordes eine kleine Brauerei im heutigen Stadtteil Bungerhof am Brauereiweg 15. Über den Kontakt zu Bierbrauern entstand wohl die Idee, selbst in dieses Geschäft einzusteigen.
Seit 1859 gab es fortan zahlreiche Besitzerwechsel und auch Konkurse. Einige Quellen führen dies auf das schlechte Brauwasser zurück, andere nennen den enormen Kostendruck durch die damaligen Bremer Großbrauereien. Der Betrieb firmierte z.B. als Brauerei zum Bungerhof, Delmenhorster Dampfbrauerei oder Vereinsbrauerei Delmenhorst.
Der Gesellschaftsvertrag zur Gründung der G.m.b.H. wurde am 7. Okt 1899 unterzeichnet, das Stammkapital betrug 150 000 Mark. Der vorige Eigentümer Paul Mehne wurde als Geschäftsführer einbestellt .
In der folgenden Tabelle sind die einzelnen Besitzer lt. Fritz Schröer zusammengefaßt und durch weitere Angaben ergänzt:
Von | bis | Besitzer/Betreiber | aus | |
1851 | 4/1859 | Christian Hinrich Cordes | Delmenhorst | |
4/1859 | 9/1859 | Strodthoff | ||
1859 | 1865 Konkurs | Finkenstedt | ||
1865 | 1866 | Strodthoff | ||
1866 | 1870 | Johann Robert Rein | Dahme | |
1870 | 1885 | Bödeker | ||
1885 | 12/1885 | Mählmann & Deus | Oldenburg | |
12/1885 | 7/1890 Konkurs | Gustav Alexander Bachmann | Sachsen | |
1890 | 1893 | Lust (Hopfenhändler) | Nürnberg | |
1893 | 1899 | Paul Mehne, Brauerei zum Bungerhof | Harz | |
1899 | 1914 | Vereinsbrauerei Delmenhorst G.m.b.H. | ||
Juni 1914 Konkurs | Konkursverw. Hedenkamp vermietet Brauerei-Villa | |||
1914 | 1920 | Spediteur Meyer und Kaufmann Wohlers | ||
1920 | Selterswasserfabrikant Parthey |
Der Delmenhorster Autor und Fotograf Fritz Schröer beschreibt die Brauerei in einem Artikel von 1960 [10]. Er selbst hatte damals noch den wuchtigen 20 m hohen Sudhausturm gesehen, der im Jahre 1900 errichtet worden war, s. Bild.
Im August 1913 zerstörte ein Feuer die Brauereigaststätte, der Betrieb der Brauerei lief aber weiter, wie das DK am 30. Aug. 1913 berichtete [35]. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914 kam das Aus für die Brauerei.
Später hat der Maurer H. Scheele das Anwesen gekauft und in Eigenarbeit den Turm in den Jahren 1967-1969 abgebrochen. Das Baumaterial wurde nach Hoykenkamp abtransportiert [32]. Inzwischen sind alle alten Gebäude abgerissen. Über den alten Gewölbekellern des Sudturmes steht heute ein privates Wohnhaus.
Weitere Infos und Bilder im Hobbymuseum.
Werbung für Delmenhorster Bier
Der Brauereigründer Christian Hinrich Cordes lud 1852 zum Bockbieranstich in die Brauerei ein und ließ die Gäste mit einem Omnibus (großer Pferdewagen)
an- und abfahren [35].
Lagerbier in Fässer, Flaschen und Biersyphons sowie Eis gab's 1899 bei Paul Mehne zu kaufen [36].
Für Helles Lagerbier und Kraftbier in Fässern und Flaschen warb 1912 die Delmenhorster Brauerei G.m.b.H.
[24].
Im Januar 1913 bot die Brauerei das gerade produzierte Bockbier an [35].
Verschiedene Gaststätten in Delmenhorst und umzu veranstalteten in den darauffolgenden Wintermonaten "Bockbierfeste", so z.B. August Wohlers am Berlinerweg oder der Gasthof zur Eiche in Ganderkesee.
Der Stadtarchivar Christoph Brunken präsentierte nach seinem Amtsantritt im Stadtarchiv im März 2017 diese alte Bierflasche der Vereinsbrauerei Delmenhorst. Sie hat künftig ihren Platz im Museum für Industriekultur [26].
Eigentlich nichts Außergewöhnliches, aber diese über 100 Jahre alte Flasche ist mit Bier gefüllt und sieht original verkorkt aus, Foto rechts.
Sie trägt nicht nur einen geprägten Schriftzug, sondern zeigt auch das Emblem der Vereinsbrauerei.
Der dargestellte Turm ist der sog. "Blaue Turm" der ehemaligen Delmenhorster Grafenburg, die im 18. Jahrhundert abgerissen wurde.
Die Schrägstellung des Turmes im Wappen belegt, daß die Darstellung aus der Zeit vor 1913 stammt.
G.m.b.H. im Schriftzug bedeutet, daß die Flasche nach der Vereinsgründung im Oktober 1899 verwendet wurde. Ob auch das Bier aus der Zeit von 1899 bis 1914 stammt, kann nicht mit letzter Sicherheit behauptet werden. Nach Aussagen des früheren Archivars Werner Garbas wurde die Flasche in den 1970er Jahren bei Erdarbeiten in Bungerhof entdeckt und von den Bauarbeitern an die Stadt übergeben.
3.2. Brauerei E. Hocke
In der Westlichen Langenstraße 35 (heute Lange Straße 23, Fußgängerzone) befand sich in den 1860er Jahren und später eine Brauerei im Hinterhof. Im vorderen Teil des Hauses betrieb der Gastwirt Ernst Gottlieb Hocke eine Schankwirtschaft. Nach seinem Tode im Jahr 1880 führte seine Witwe Auguste den Betrieb bis 1902 weiter. Das Foto auf der Postkarte, rechts, und die Werbeanzeige "Salvatorbier" stammen aus dieser Zeit. Der Schriftzug über dem Eingang lautete "Restauration von E. Hocke Ww." Neben der Eingangstür warben Schilder für Biere von der Hemelinger Aktienbrauerei.
In den damaligen Adressbüchern der Stadt wird der Bierhändler Friedrich Hocke als Mitbewohner genannt, er ist der Sohn der Wirtsleute. Er zog nach Verkauf des Hauses im Jahre 1902 in die Louisenstraße 8, wo er über Jahrzehnte einen Bierverlag betrieb.
Der Hocke-Nachfolger an der Langen Straße, Wilhelm Bretthauer, ließ 1911 das Haus abreißen und durch ein Neues ersetzen. Die Bretthauer'sche Traditionsgaststätte war bis 1956 in Betrieb und ist vielen Delmenhorstern ein Begriff. Heute ist in diesem Haus eine Tschibo Filiale untergebracht.
1890 befand sich im Hause der Witwe Hocke auch eine Niederlage der Firma Cordes & Ellgass, die mit flüssiger Kohlensäure für den Bierausschank handelte. Diese Technik des Bier-Zapfens mittels Kohlensäureflasche war erst einige Jahre zuvor erfunden worden und revolutionierte damals die Schanktechnik.